Unsere Vision
Im Wohn- und Lebensprojekt Krönchen haben wir – vier Familien – uns in unserer gemeinsamen Vision miteinander verbunden. Für unsere inzwischen erwachsenen Kinder mit geistigen Beeinträchtigungen träumen wir von einem selbstbestimmten, inklusiven und gemeinschaftlichen Leben außerhalb des Elternhauses.
Als Familien haben wir unsere Kinder ca. 20 Jahre lang auf ihrem Lebensweg begleitet. Während dieser Zeit haben wir sie in ihrer Selbstbestimmung vielfältig unterstützt. Ebenso wie die Geschwister ohne Beeinträchtigung haben wir bei unseren Kindern mit Beeinträchtigung die Entwicklung vielfältiger Interessen gefördert. Unsere Lebensgestaltung als Familie haben wir in vielen Bereichen an ihren Wünschen und Bedürfnissen orientiert. Wir haben sie dabei unterstützt, im Rahmen ihrer individuellen Möglichkeiten eigene Entscheidungen zu treffen. So wählen sie beispielsweise Freizeitaktivitäten für sich aus, entscheiden, was sie gerne kochen möchten, und wünschen sich bestimmte Urlaubsziele.
Unsere Kinder sind im Familiensystem, in den Bildungseinrichtungen, die sie besucht haben und in der Freizeit inklusiv aufgewachsen. Sie haben ihre Kindheit und Jugend in der Mitte der Gesellschaft verbracht. Gesellschaftliche Teilhabe kennen sie im eigenen Familienkreis, bei Freunden, in der Nachbarschaft und im Stadtteil. An zahlreichen Orten gehören sie selbstverständlich dazu.
Sie sind es gewohnt, in der Familie in Gemeinschaft zu leben. Auch im Erwachsenenalter möchten wir ihnen ein unabhängiges Leben in einer familienähnlichen Gemeinschaft ermöglichen. Außerhalb des Elternhauses sollen unsere Kinder sich genauso wohl, willkommen und geborgen fühlen, wie in ihrem langjährigen Zuhause. Unser Wohn- und Lebensprojekt nennen wir „Krönchen“. Wir möchten dem bisherigen selbstbestimmten, inklusiven und gemeinschaftlichem Lebensweg unserer Kinder sozusagen die Krone aufsetzen, indem wir Selbstbestimmung, Inklusion und Gemeinschaft auch außerhalb ihres Elternhauses für sie entwickeln und ermöglichen.
Informationen zu den anderen Wohngemeinschaften der Diakonie Himmelsthür in der Sutelstraße finden Sie hier:
Leben in selbstbestimmten Wohngemeinschaften! – Diakonie Himmelsthür
Wir werden unterstützt vom:
Selbstbestimmtes Wohnen Hannover e.V.
Das Wichtigste aus unserem Konzept:
Unser Leitbild
- Im Wohn- und Lebensprojekt Krönchen stellen wir das Wohl sowie die Würde des Menschen / der Bewohner: innen in den Mittelpunkt unseres Handelns.
- Wir stärken die Bewohner: innen in ihrer Selbstbestimmung und unterstützen sie nach dem Prinzip „so viel Hilfe wie nötig und so wenig wie möglich“.
- Wir gestalten das Zusammenleben im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention und ermöglichen den Bewohner: innen umfassende Inklusion und Teilhabe.
- Wir leben gemeinschaftlich miteinander in einer inklusiven Kultur sowie in einer familiären Atmosphäre.
- Dabei schaffen wir einen Rahmen, in dem sich alle Beteiligten weiterentwickeln können.
- Wir gehen respektvoll, achtsam, zugewandt, fürsorglich, vertrauensvoll und wertschätzend miteinander um.
- Wir bringen als Angehörige und Assistenzkräfte unsere Erfahrung und unser Fachwissen gleichberechtigt in das Wohn- und Lebensprojekt ein.
- Wir arbeiten interdisziplinär und interprofessionell. Innerhalb der Assistenzkräfteteams werden alle Professionen gleichberechtigt anerkannt.
- Wir erkennen an, dass Konflikte zum WG-Leben dazugehören und legen deshalb Prozesse zur Konfliktlösung fest. Wir kommunizieren auf Augenhöhe, transparent, gewaltfrei und mit Unterstützter Kommunikation auf allen Ebenen.
- Wir als Angehörige ermöglichen den Assistenzkräften Mitbestimmung.
Die Immobilie
Die Räumlichkeiten des Wohnprojekts Krönchen befinden sich in der Sutelstraße 52a in Hannover Bothfeld. Die Wohnung liegt im ersten Obergeschoss eines barrierefreien, vierstöckigen Neubaus. Bauherr und Vermieter ist die Diakonie Himmelsthür e.V. Im Erdgeschoss und im zweiten Obergeschoss werden ebenfalls selbstbestimmte Wohngemeinschaften für Menschen mit Beeinträchtigungen entstehen. In einem unmittelbar anschließenden zweiten Neubau werden 20 geförderte Wohnungen durch einen Bauträger erstellt. Die Wohngemeinschaft umfasst fünf Zimmer, ein Duschbad, ein Bad mit Wanne, ein WC, eine Garderobe, einen Hauswirtschaftsbereich, eine Küche, ein Wohnzimmer und eine Loggia. An das Gebäude schließt sich eine Grünfläche von ca. 300 m² an, die von den drei Wohngemeinschaften als Gemeinschaftsgarten gestaltet und genutzt werden kann.
Unterstützte Kommunikation
Kylie und Lukas sind aufgrund ihrer verbalsprachlichen und allgemein kommunikativen Beeinträchtigungen auf die Unterstützte Kommunikation (UK) angewiesen. Somit wird UK ein wichtiger Bestandteil des WG-Lebens sein. Um für ein hohes Qualitätsniveau der Unterstützten Kommunikation zu sorgen, setzen wir im Wohn- und Lebensprojekt Krönchen folgende Maßnahmen um:
- Unabhängig von der Qualifikation nehmen alle Mitarbeitenden verpflichtend und regelmäßig an internen und/oder externen Fortbildungen zur Unterstützten Kommunikation teil, damit ein einheitlicher Wissensstand vorhanden ist.
- Die Ausstattung der Wohngemeinschaft sieht unter anderem folgende nicht elektronischen Kommunikationshilfen vor:
- Metacom- Symbolsammlung, wie z.B. Bild/ Symbolkarten und Fotos
- Visualisierungshilfen, um Fragestellungen zu verdeutlichen und gleichzeitig Entscheidungshilfen zu geben, wie z.B. Fragekarte, Auswahlkarte, Alternativenplan, Handlungsablaufpläne, Thementafeln und Kommunikationsbücher
- Strukturierungshilfen, um Abläufe zu verstehen und Änderungswünsche äußern zu können wie z.B. Tagesplan, Wochenplan, Dienstpläne mit Fotos, Schrankinhaltskarten usw.
- Des Weiteren werden in der Wohngemeinschaft iPads mit der App MetaTalk sowie weiteren UK förderlichen Apps (z.B. BookCreator) eingesetzt.
Herausforderndes Verhalten
Die zukünftigen Bewohner:innen zeigen phasenweise herausforderndes Verhalten, das wir im Sinne des schwedischen Psychologen Bo Hejlskov Elvén definieren: „Verhalten gilt als herausforderndes Verhalten, wenn es den Menschen um die betreffende Person herum Probleme bereitet“ (Elvén, 2017). Dies gilt in dem Kontext, dass Menschen mit geistigen Behinderungen oder neurodiverse Personen sich anders entwickeln und teilweise anders reagieren, als wir es aus althergebrachten Theorien erwarten würden. Wir erkennen an, dass Verhalten, welches uns herausfordert, nicht gegen uns gerichtet ist und nicht persönlich gemeint ist, sondern auf individuelle Problemlagen hinweist. Wir respektieren, dass Verhalten, welches uns herausfordert, für die betroffene Person erforderlich ist, um uns zu zeigen, dass wir Rahmenbedingungen verändern und anpassen müssen.
Die meisten herausfordernden Verhaltensweisen lassen sich folgenden Kategorien zuordnen:
- Fremdverletzung, Selbstverletzung und Vandalismus
- Geräusche, Schreien, Weinen
- Schimpfwörter und -gesten
- Hyperaktivität, stereotypes Verhalten und aufdringliches Verhalten
- Verweigerung und Weglaufen
- u.a.
(Fröhlich, Castañeda und Waigand 2019)
Wir haben folgende Regeln zum Umgang mit herausforderndem Verhalten formuliert:
- Wir handeln besonnen und ruhig.
- Wir vermeiden Stress und versuchen Krisen früh zu erkennen.
- Wir analysieren regelmäßig gemeinsam, welcher Stresslevel den herausfordernden Verhaltensweisen zu Grunde liegt und ob gemeinschaftliche Änderungen der Rahmenbedingungen erforderlich sind.
- Bei einer Eskalation sprechen sich die diensthabenden Assistenzkräfte miteinander ab und unterstützen sich gegenseitig.
- Wir legen Prozesse für das Krisenmanagement fest, z.B. Signalwort „Weg!“.
- Wir bilden uns teamübergreifend fort, beispielsweise zum Thema Low Arousal.
- Wir bieten allen Assistenzkräften die Möglichkeit zur Supervision und zum Coaching.
- Wir akzeptieren normabweichende Verhaltensmuster (z.B. Stimming), die keine Schädigung mit sich bringen und nicht herausfordern, sondern individuell erforderlich sind.
Darüber hinaus werden wir mit diesem Themenposter arbeiten, um allen Beteiligten in Krisensituationen eine Hilfestellung zu geben: